Eigentlich wollte er sich darum kümmern, die Digitalisierung voranzutreiben, sich um die Entwicklung neuer Produkte kümmern, neue Märkte ins Visier nehmen. All das halt, was die typischen Aufgaben eines Geschäftsführers sind. Stattdessen findet er sich im Mikromanagement wieder, muss ständig ins operative Tagesgeschäft eingreifen, Probleme zwischen den Abteilungen lösen. Und der Betriebsrat steht auch immer direkt bei ihm vor der Tür, wenn er ein Anliegen hat.
So hatte er sich das nicht vorgestellt …
Ein Geschäftsführer ist kein Mikromanager
Das ist ein Problem, vor dem viele stehen, wenn sie, nachdem sie eine erfolgreiche Karriere im Konzern gemacht haben, CEO in einem mittelständischen Unternehmen werden. Im Konzern haben Geschäftsführer eine starke zweite Führungsriege und Spezialisten, die ihnen den Rücken vom Tagesgeschäft freihalten, die sich darum kümmern, dass es läuft. Da haben sie zum Beispiel einen Manager Labor Relations, der die Kommunikation mit dem Betriebsrat übernimmt.
Aber wenn Sie in ein mittelständisches Unternehmen kommen, werden Sie diese starke zweite Führungsriege in vielen Fällen nicht vorfinden. Selbstverständlich haben Sie auch da gute Leute. Aber meistens sind die vor allen Dingen fachlich hoch qualifiziert, aber nicht immer, was Strategie, Führung, Kommunikation, Projektmanagement betrifft. Also werden Sie sich gezwungen sehen, direkt in viele Projekte einzugreifen: Sie finden sich im Mikromanagement wieder. Und das nervt nicht nur Sie, der Sie eigentlich etwas anderes tun wollen und auch sollen, sondern auch die Führungskräfte, in deren Verantwortungsbereich Sie auf diese Weise immer wieder eingreifen. Denn ohne es zu wollen, rutschen Sie so in die Expertenrolle, in die Rolle des „Besserwissers“ – und genau in diese Falle dürfen Sie als CEO nicht tappen.
Aber haben Sie in dieser Situation eine andere Chance?
Wie Sie Ihre Führungsriege ausrichten
Wer segeln will, der braucht ein Schiff und ein Ziel. Und er stellt sich eine gute Mannschaft zusammen. Und wenn Sie als CEO „auf große Fahrt gehen“ wollen und sich dafür eine starke zweite Führungsriege wünschen, dann müssen Sie sie aufbauen. Und die beste Mannschaft ist die, die genau weiß, wohin die Reise gehen soll, die das Ziel kennt und dieses Ziel auch erreichen will.
Und das heißt für Sie: Die Ziele transparent vermitteln und Ihre Vision zur Vision Ihrer Leute machen. Verlassen Sie die Managerrolle und wechseln Sie in die Leaderrolle – machmal leichter gesagt als getan. Sorgen Sie für Klarheit hinsichtlich Ihrer Erwartungen und der Aufgaben. Geben Sie einen Vertrauensvorschuss und vermeiden Sie Rückdelegation. Und das heißt auch: Ihren Führungskräften den Raum und die Mittel geben, in komplexen Situationen zielorientiert, zuverlässig und eigenverantwortlich zu handeln. Und dazu gehört: loslassen zu können, sich bewusst aus dem Mikromanagement zurückzuziehen.
Als Leader ist es Ihre Aufgabe, Ihre Mannschaft entsprechend der persönlichen Stärken einzusetzen, sie zu trainieren und für Weiterentwicklung zu sorgen. Ein leidenschaftlicher Navigator ist kein guter Vorschoter – dafür fehlen ihm Kraft und Schnelligkeit. Und wenn Sie die Regatta gewinnen wollen, muss Ihr Vorschoter trainieren – gemeinsam mit Ihrer Mannschaft. Die Handgriffe üben, um die Manöver schnell und sauber auszuführen – immer und immer wieder.
Ein regelmäßiges lessons learned sorgt für Stabilität.
So richtet sich Ihre Mannschaft mit der Zeit ganz von selbst aus, ist in der Lage, komplexe operative Herausforderungen gemeinsam und selbständig in Ihrem Sinne zu lösen. So bekommen Sie die starke Führungsebene, die Sie brauchen, um sich um Ihre eigentlichen Aufgaben als CEO kümmern.
Lothar Hoss